Nach einer zweijährigen Corona-Pause haben sich 60 Unternehmensvertreterinnen und –vertreter aus der Verkehrsbranche, Industrie und Handel, Wissenschaftler und Studierende beim 10. Ulmer Logistiktag mit aktuellen Herausforderungen und neuen Entwicklungen beschäftigt. Den fachlichen Rahmen bildete der Blick in die Produktion des Gastgebers der Firma Seeberger GmbH im Ulmer Donautal samt den begleitenden logistischen Prozessen.
Unter der Moderation von Robert Kümmerlen, Redaktionsleiter Logistik und Mitglied der Chefredaktion DVZ- Deutsche Verkehrs-Zeitung, eröffnete Marco Bühler, Geschäftsführer der Beurer GmbH aus Ulm mit seiner Keynote über die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Start-Ups das Programm. Eine solche Kooperation kombiniert unterschiedliche Stärken, denn Start-Ups finden oft neue Lösungen – für neue Geschäftsmodelle fehlt aber Finanzkraft, Erfahrung oder Ressourcen, die Mittelständler haben. Gerade im Bereich der Digitalisierung konnte der Ulmer Mittelständler damit eine erfolgreiche Entwicklung im Unternehmen einleiten.
Marcel Wolrab, Geschäftsführer der SpaceFill GmbH aus Ulm, einem erfolgreichen im Jahr 2018 gegründeten Start-Up mit heute über 10 Mio. Euro Umsatz, berichtete über deren Plattform, die alle Logistikpartner vernetzt. Industrieunternehmen wird ermöglicht, flexibel, bedarfsgerecht und ohne hohe Fixkosten auf externe und zugleich IT-integrierte Lagerflächen zuzugreifen. Damit können die Zeiten reduziert werden, in denen Lagerflächen ungenutzt bleiben. Nach eigenen Angaben bietet die Firma heute das größte Netzwerk betriebener Lagerflächen in Europa.
Noch immer als Start-Up sieht sich die 2014 gegründete Magazino GmbH aus München. Johannes Heidingsfelder gab einen Einblick, wie intelligente und mobile Roboter bereits heute gemeinsam oder parallel mit Menschen in der Intralogistik arbeiten können. Dabei erreichen die Roboter eine Präzision und bieten Lösungen für Prozesse, die bislang nicht oder kaum automatisierbar waren. Sensorik und künstliche Intelligenz erlauben diese Entwicklungen. Gerade im Hinblick auf die enormen Wachstumszahlen im E-Commerce bei gleichzeitig weiter anhaltendem Fachkräftemangel könnte der Einsatz solcher Roboter einen Teil dieser Probleme lösen. Ein solcher Roboter kann heute je nach Einsatzbereich bis zu eineinhalb Personen ersetzen.
Thilo Pfleghar von der IBM Deutschland GmbH ging in seinem Vortrag auf agile und von KI unterstützende Lieferketten in den von globalen Unterbrechungen geprägten Zeiten ein. Er stellte hierzu die KI-basierte IBM Supply Chain Intelligence Suite vor, die Anwendern hilft, Lieferkettenunterbrechungen durch traditionelle Transformationsprozesse zu lösen. Damit kann die Ausfallsicherheit der Lieferkette verbessert und durch intelligentere Arbeitsabläufe und intelligente Automatisierung der Zeitwert beschleunigt werden.
Bei all der Entwicklung mit fortschreitender Digitalisierung darf das Thema Cybersicherheit nicht vernachlässigt werden. Dies zeigte eindrucksvoll Christoph Wolfert von der Schutzwerk GmbH aus Ulm. Nahezu alle Unternehmen und Arbeitsplätze mit E-Mailempfang sind der täglichen Bedrohung durch Cyberkriminalität ausgesetzt. Denn am häufigsten verwenden Hacker sogenannte Phishing-Mails, um sensible Unternehmensdaten in die Hände zu bekommen. Er zeigte dabei live, wie Hacker an sensible Daten wie Passwörter und damit in die IT-Infrastruktur von Unternehmen gelangen. Der Experte gab Tipps, um einen gewissen Schutzstatus zu erreichen und die Gefahr zu verringern, u.a. durch die Umsetzung von technischen und organisatorischen Maßnahmen.
Dennoch wird es nie einen allumfassenden Schutz geben. Dies zeigen zahlreiche publik gewordene Hackerangriffe mit finanziell teils schwerwiegenden Auswirkungen für Unternehmen.
Robert Drexler, Leiter des Kompetenz-Centers Cyber und IT bei der Schunck Group berichtete über mögliche Absicherungen solcher Cyberschäden. Die Nachfrage nach Policen habe zugenommen. Solche Versicherungen können Vermögensschäden, die u.a. durch Ausfall der IT-Infrastruktur anfallen absichern. Oftmals kann ein Notfallmanagement des Versicherers hilfreich sein, der im speziellen Fall „weiß was zu tun ist“ und ein Expertennetzwerk hinzuziehen kann.
Im Abschlussvortrag warb Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Franz Josef Radermacher vom Forschungsinstitut für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung (FAW/n) den Blick mehr auf die Hauptemittenten beim CO2-Ausstoß zu richten, um relevante Reduktionszahlen zu erreichen. Hier spiele die CO2-Abscheidung eine enorm wichtige Rolle. Parallel dazu müsse preiswerter grüner Wasserstoff produziert werden und klimaneutrale synthetische Kraftstoffe. Letztere allein schon wegen der 1,3 Mrd. Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren auf der ganzen Welt.
Der Ulmer Logistiktag ist eine Gemeinschaftsveranstaltung der IHKs Schwaben und Ulm mit dem Logistik-Cluster Schwaben (LCS) und der Bundesvereinigung Logistik (BVL).