Ein Vierteljahr nach Einführung der CO2-abhängigen Lkw-Maut fällt das erste Fazit der betroffenen Unternehmen sehr ernüchternd aus. Das zeigt eine Befragung des Logistik-Clusters Schwaben (LCS) unter seinen Mitgliedsunternehmen, zu denen Transportdienstleister ebenso gehören wie deren Auftraggeber, vor allem produzierende Unternehmen („Verlader“), aber auch logistiknahe Dienstleister. Nahezu alle Unternehmen berichten über Mehrkosten, die sie in einem ohnehin wirtschaftlich schwierigen Umfeld ganz oder zu einem erheblichen Teil selbst tragen müssen. Die Unternehmen fordern den Staat auf, die Mehreinnahmen auch wieder für Infrastruktur und Logistik einzusetzen.
Für nahezu alle Unternehmen – nicht nur Transportdienstleister, sondern auch für verladende Unternehmen, d.h. produzierende Unternehmen und Handel – haben die erhöhten Mautsätze zu Kostensteigerungen geführt. Je nach Größe des Unternehmens bzw. Fuhrparks und nach Art der Verkehre auf Autobahnen und Bundesstraßen liegen diese bei den befragten Unternehmen zwischen 3.000 und bis zu einer Million Euro im Monat.
„Ob Lkw-Maut, Dieselzuschlag oder explosionsartig gestiegene administrative Aufwände: Es ist die Vielzahl von nicht Mehrwert stiftenden Kosten, die deutsche Unternehmen und damit natürlich auch Bossard Deutschland zunehmend vor erheblichen Herausforderungen stellen. Dazu gehört auch die unverhältnismäßige Verdoppelung der Lkw-Mautkosten, die unsere Spediteure 1:1 an uns weitergeben. In einer wirtschaftlich angespannten Lage appellieren wir deshalb, wie allen anderen betroffenen Unternehmen, an eine sorgfältige Überprüfung der Mautpolitik, deren massive Zusatzkosten sowie negativen Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft der Markt kaum akzeptieren kann und wird.“
Isa Güzel, Head of Supply Chain Management, Bossard Deutschland GmbH, Illerrieden
Fast die Hälfte der Kunden (Auftraggeber der Transporte oder Empfänger der transportierten Güter) akzeptiert die Weitergabe der Mehrkosten nicht oder nur zum Teil. In besonderer Weise gilt dies für anfallende Leer-Kilometer. In Einzelfällen verzichten Kunden auf Fahrten, was zu Umsatzrückgängen bei Nutzfahrzeug-Vermietern führt.
Einzelne Verlader haben die Maut-Mehrkosten ihrer Transportdienstleister zwar zu 100% übernommen, können diese Mehrkosten aber aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage nicht 1:1 an ihre Kunden weiterreichen und haben diese nun selbst zu tragen.
„Wir arbeiten seit über 40 Jahren mit unserem Hauptspediteur partnerschaftlich zusammen. Es war klar, dass dieser die erhöhte Maut nicht tragen kann. Diese wurde auf die vereinbarten Preise zugerechnet. Als Verlader von Produkten, die einem starken Wettbewerb unterliegen, ist die Weitergabe nicht einfach. Bei manchen Kunden sind diese Preiserhöhungen nicht 1:1 umsetzbar. Etwa ein Drittel unserer Produkte wird in der Konsumgüterindustrie verwendet. Die Mauterhöhung muss in diesem Bereich letzten Endes der Endverbraucher bezahlen. Beim produzierenden Gewerbe (Maschinenbau) führt die Preiserhöhung zu Nachteilen gegenüber den ausländischen Wettbewerbern.“
Dieter Lämmle, Lämmle Industriepack Verpackungsgesellschaft Zell mbH & Co. KG, Rot a.d. Rot
Ausnahmslos alle Unternehmen wünschen sich, dass die Maut-Mehreinnahmen des Staates für die Straßen-Infrastruktur (Erhalt, Aus- und Neubau) zur Verfügung gestellt werden. Etwa die Hälfte der Befragten plädiert für die Förderung von neuen Antriebstechnologien sowie der Umstellung von Fahrzeugflotten. Knapp ein Drittel würde Geld für den Ausbau des Kombinierten Verkehrs einsetzen.
Die kurze Frist zwischen dem Gesetzesbeschluss (20.10.2023) und der Maut-Erhöhung (01.12.2023) ist ein erheblicher Kritikpunkt, weil sie die Unternehmen zu enormen Anstrengungen bei der Umstellung ihrer Prozesse gezwungen hat und es kaum möglich war, in dieser Zeit neue Verträge mit Transportkunden auszuhandeln.
Wichtig ist den Unternehmen aber vor allem: Die durch die Mauterhöhung entstehenden Mehreinnahmen müssen nun auch einen erkennbaren Mehrwert für die Transportunternehmen bringen:
„Die Erhöhung der LKW-Maut um 83% ist zum 01.12.2023 erfolgt, und nach intensiven Verhandlungen in einer sehr kurzen Zeitspanne haben alle unserer Kunden die Weitergabe der Mehrkosten akzeptiert. Allerdings gilt das nicht für einen Teil der anfallenden Leerkilometer, und diese Kosten haben wir nun selbst zu tragen. Es kann nicht sein, dass dieses Geld zweckentfremdet wird und nicht dem Straßengüterverkehr zugutekommt. Wir fordern daher die Regierung auf, diese Mautmehreinnahmen in Höhe von 7,8 Milliarden Euro wieder an die Unternehmen der Speditions- und Transportbranche zurückzugeben und zwar in Form von:
- Investitionen in die Straßeninfrastruktur, den Brückenbau, sowie den Bau von weiteren LKW-Parkplätzen
- Erhöhung des Mautharmonisierungsprogrammes von 600 Millionen Euro auf 900 Millionen Euro.
- Auflegen von Förderprogrammen für die Investition in Fahrzeugen mit alternativen Antrieben inklusive der Ladeinfrastruktur
- Keine CO² -Doppelbelastung für Kraftstoff und Maut
Erwin Stöhr, Geschäftsführer, Stöhr Logistik GmbH, Rottenacker